Humane Sprache in medizinischen Texten – Mensch bleibt Mensch
Viel wurde geschrieben und diskutiert über die genderneutrale Sprache in medizinischen Texten. Doch die Wissenschaftssprache medizinischer Texte läuft nicht nur Gefahr, sexistisch zu sein, sondern auch inhuman – wenn nämlich Menschen auf ihre Erkrankung und Einschränkung reduziert werden.
Nicht auf die Erkrankung reduzieren
Spricht ein Medizintext von einem „Asthmatiker“, wird diese Person vollständig auf ihre Erkrankung reduziert. Eine moderne und humane Wissenschaftssprache differenziert – zwischen Identität und Erkrankung:
- eine Asthmatikerin
- eine Patientin mit Asthma bronchiale
Gleiches gilt natürlich auch für das Wissenschaftsenglisch:
- a diabetic
- a diabetes patient (oder: a diabetic patient)
- a patient with diabetes
Was heißt denn hier „krank“?
Selbst ‚Patient‘, das wohl häufigste Wort in medizinischen Texten, sollte mit Bedacht gewählt werden. Denn es impliziert, dass jemand krank ist und entsprechend eine medizinische Behandlung benötigt. Aber würde sich jemand, der eine Bewegungseinschränkung oder Lernbeeinträchtigung hat, als ‚krank‘ bezeichnen? Und erhalten Menschen mit einer Beeinträchtigung auch eine medizinische Behandlung? Die Wissenschaftssprache sollte hier genau bleiben und zwischen ‚patients‘ und ‚individuals‘ differenzieren.
Außerdem sollte der Grad der Beeinträchtigung in der Sprache eines medizinischen Textes berücksichtigt werden. Das erste Beispiel suggeriert eine mehr oder minder vollständige Bewegungsbeeinträchtigung, das zweite jedoch nicht:
- physically disabled patients
- individuals with a physical disability
Fazit
Die Gefahr ist groß, in einem Research Paper oder Review eine floskelhafte Sprache zu verwenden, in der Personen auf ihre Erkrankung reduziert werden. Doch dieser Stil fällt auf den Autor oder die Autorin zurück. Er oder sie wirkt dann leicht überheblich und arrogant – und das Paper kommt dann nicht so gut an.
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